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März 2016 Landratsamt Ebersberg: Klüngelrunden im HinterzimmerSie nennen sich Arbeitsgruppe, Beirat, Steuerungskreis, Lenkungskreis, Impulsgremium, Forum oder Runder Tisch und sollen sich mit der Kreisklinik, mit Wohnungsnot und Wohnungswesen, mit Asyl, Inklusion, Mobilität, Carsharing, Tourismus und Radwege, nachhaltiger Landwirtschaft, Energie und Ressourcen, Energetischer Nutzung der Bio-, Grün- und Gartenabfälle, mit Bildung, Gesundheit, mit Kommunalunternehmen, freiwilligen Leistungen des Landkreises, mit der "Bewältigung der Herausforderungen des demographischen Wandels", mit Demenz und anderen Dingen mehr befassen.Der Kreistag hat inzwischen die Übersicht über die vielen Arbeitskreise (AK) verloren, die in den letzten Jahren geschaffen wurden; eine abschließende Auflistung dieser AKs, so wie sie von der SPD-Kreistagsfraktion vor einem Jahr gefordert wurde, konnte bis heute nicht erstellt werden. Im April soll dem Kreis- und Strategieausschuss des Kreistags eine vollständige(re) Liste vorgelegt werden. Die Inflation solcher Arbeitskreise ist eine bedenkliche Entwicklung, denn AKs sind in der Landkreisordnung (LKrO) - dem Gesetz, das die Arbeit des Kreistags regelt - überhaupt nicht vorgesehen. Die LKrO bestimmt vielmehr, dass alle Beratungen und Entscheidungen im Kreistag und seinen von ihm gewählten Ausschüssen zu erfolgen haben. Deren Sitzungen sind grundsätzlich öffentlich abzuhalten und ihre Sitzungsprotokolle darf jeder Landkreisbürger einsehen. Nur so ist gewährleistet, dass die Meinungsbildung und die Entscheidungen im Kreistag und seinen Ausschüsse für jedermann transparent sind – eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz der Entscheidungen des Kreistags durch den Bürger und Wähler. Während der Kreistag von den Landkreisbürgern gewählt wurde und dieser wiederum die Mitglieder seiner Ausschüsse bestimmt hat, wurden die Teilnehmer all dieser AKs nie gewählt und sind willkürlich und beliebig. Gleichwohl erwecken deren Teilnehmer, darunter auch Lobbyisten diverser Interessengruppen sowie Vertreter gewerblicher Firmen, die bemerkenswerterweise für ihre Lobbytätigkeit auch noch Sitzungsgelder erhalten, den Eindruck, die Interessen der Bevölkerung zu vertreten; sie maßen sich gar an, dem Kreistag und seinen Ausschüssen konkrete Beschlüsse vorzuschlagen und der Landratsamtsverwaltung Aufträge zu erteilen. Ja, noch toller: zunehmend erdreisten sich diese AKs gar, konkrete Beschlüsse zu fassen - dies aber ist von Gesetzes wegen allein dem Kreistag und seinen Ausschüssen vorbehalten. Diesen Machtansprüchen demokratisch nicht legitimierter Gremien leisten der Landrat, bestimmte Personen in der Landratsamtsverwaltung und der Kreistag Vorschub, indem immer mehr solcher undemokratischer Gremien gegründet werden und diese immer mehr Einfluss erhalten. Was ist der Grund dafür? Offenbar gibt es starke Kräfte im Landratsamt und im Kreistag, die die Meinungsbildung und Entscheidungen der Kontrolle durch die Öffentlichkeit entziehen wollen, weil es ihnen in intransparent zusammengesetzten Klüngelrunden leichter möglich ist, ihre eigenen politischen und wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Erkennt niemand im Kreistag, dass durch das Zulassen und Fördern solcher institutionalisierten Lobbyarbeit die Akzeptanz des Kreistags beim Landkreisbürger untergraben wird? Es wäre auch die Aufgabe von Landrat (LR) Niedergesäß, den Wildwuchs an AKs, der in der Zeit von LR Fauth begann, zu begrenzen. Doch LR Niedergesäß ist ersichtlich kein Verfechter von Transparenz und Öffentlichkeit: die Sitzungstermine und Tagesordnungen dieser AKs werden nicht öffentlich bekannt gegeben, die Sitzungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und Bürgern wird mit obskuren Ausreden die Einsicht in die Sitzungsprotokolle verweigert. Das ist nicht bürgerfreundlich, und daran ändert auch nichts, dass sich LR Niedergesäß im Herbst letzten Jahres von der Gesellschaft für Konsumforschung für viel Geld bescheinigen ließ, dass eine Umfrage ergeben hätte, dass die Landkreisbürger das Landratsamt angeblich für besonders bürgerfreundlich halten – denn gleichzeitig verweigert LR Niedergesäß diesen Bürgern das im Grundgesetz garantierte Petitionsrecht an den Kreistag. Die Diskrepanz zwischen Schein und Sein könnte nicht größer sein. Auch das Verhältnis zur Pressefreiheit scheint bei LR Niedergesäß gestört zu sein: indem er der kritischen Presse Auskünfte verweigert und so eine Aufklärung über die Risiken der Zinswetten des Landratsamts, über die Planungen für eine teure Biomüllvergärung, über die Gründe für die überhöhte Müll-Entsorgungsumlage und über das Treiben der rechtlich mehr als fragwürdigen Energiegenossenschaften blockiert, will er offenbar jede kritische Berichterstattung über ihn und seine Behörde verhindern. Gleichzeitig hat er sich mit der Zeitschrift "Ebersblick" seine eigene Zeitung geschaffen, mit der er nach seinem Belieben die öffentliche Meinung im Landkreis beeinflussen und die ihn - nach dem Vorbild von Bürgermeister Ockel aus Kirchseeon und der vom ihm inhaltlich bestimmten Zeitschrift "kirchseeon aktuell" – im nächsten Wahlkampf in das beste Licht richten kann. In der Erstausgabe gab LR Niedergesäß bereits einen Vorgeschmack darauf, was den Landkreisbürger dann erwartet: in dem 28-seitigen Heft finden sich zahlreiche Bilder und Berichte, die LR Niedergesäß in das beste Licht rücken, dazu ein zweiseitiges "Exklusiv"-Interview mit Frau Stewens. Bei solchen Möglichkeiten sieht er großzügig darüber hinweg, dass das verfassungsrechtliche Gebot der "Staatsferne der Presse" fordert, dass der Staat - abgesehen von Amtsblättern und anderen amtlichen Informationen - keine eigenen Zeitungen und Zeitschriften herausgeben darf, weil dies mit dem verfassungsgemäßen Auftrag der Presse, nämlich der Kontrolle der staatlichen Organe wie z.B. des Landratsamts, nicht vereinbar ist. Wie sehr dem Kreistag das Gespür für die Verletzlichkeit der Demokratie abhanden gekommen ist, kann man daran erkennen, dass die anfängliche Kritik der Kreistagsfraktionen am "Ebersblick" ganz schnell verstummte, als ihnen LR Niedergesäß in "seiner" Zeitschrift Platz für eigene Parteiwerbung einräumte: der Vorwurf der unzulässigen Parteienfinanzierung steht nach wie vor im Raum, zumal nur diejenigen Parteien, die im Kreistag vertreten sind, im "Ebersblick" ihre Wählerwerbung verbreiten dürfen – nicht jedoch alle anderen Parteien im Landkreis. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Nachtrag vom 24. März 2016: Kritik ist unerwünscht und kritische Meinungen werden mit allen Mitteln sanktioniert, eine Presseberichterstattung soll durch Auskunftsverweigerung verhindert werden. Solches kannte man bisher nur aus diktatorischen Unrechtsregimen - aber auch im Landratsamt Ebersberg zählen Meinungs- und Pressefreiheit nichts und sind nichts als hohle Worte. Das ist die Schlußfolgerung aus einem Schreiben, das der Büroleiter des Landrats, Herr Norbert Neugebauer, kurz nach dem Erscheinen dieses Artikels in der Zeitschrift kirchseeonerleben/Der Oberbayer wohl auf Veranlassung und mit Zustimmung des Landrats unaufgefordet an verschiedene Behörden verschickt hat, und indem er meint, dass wer die Zustände im Landratsamt wiederholt kritisiert, seine gesetzlichen Rechte auf Auskunft vom Landratsamt verwirkt hat und dass sich daher das Landratsamt angeblich berechtigt weigern könne, jegliche weitere Auskunftsanfragen, sei es auf der Grundlage des Umweltinformationsgesetzes oder des Presserechts, zu bearbeiten, geschweige denn zu beantworten. Mit anderen Worten: eine weitere kritische Berichterstattung über den Landrat und das Landratsamt soll durch eine rechtswidrige "Nachrichtensperre" verhindert werden. Dieser haarsträubende Vorgang zeigt, dass im Landratsamt inzwischen Kräfte die Oberhand gewonnen haben, denen rechtsstaatliches Handeln zum Fremdwort geworden ist und die nichts mehr fürchten, als dass die Öffentlichkeit weitere Einblicke in die "Miesbacher Verhältnisse" an der Eichthalstrasse in Ebersberg bekommt. Nur so kann man sich auch die Verweigerung einer presserechtlichen Auskunft nach Art. 4 BayPrG auf die dem Landrat am 28. Februar 2016 gestellten Fragen erklären: 1. An welche Mitglieder des Kreistags oder an Firmen, die im vollständigen oder teilweisen Besitz von Mitgliedern des Kreistags sind, wurden seit Beginn der KT-Wahlperiode in 2008 bis heute Liefer/Dienstleistungsaufträge des Landkreises/LRA vergeben? Es wird um eine Aufstellung der entsprechenden Aufträge gebeten, die mindestens folgende Daten enthält:
Zu diesem pressefeindlichen Verhalten des Landratsamts paßt auch, dass versucht wird, auf die Anzeigenkunden von kirchseeonerleben/Der Oberbayer einzuwirken, um diese von der Schaltung von Anzeigen abzuhalten, um auf diese Weise die wirtschaftliche Basis der Zeitschrift zu untergraben und darauf hinzuwirken, dass diese kritische Stimme so zum Schweigen gebracht wird. Gleichzeitig schüchtert man mit diesem rechtswidrigen Vorgehen aber auch die anderen Pressemedien im Landkreis ein und macht ihnen so klar, was ihnen blühen würde, falls sie jemals auf die Idee kommen sollten, etwas anderes zu tun, als kritiklos die PR des Landratsamtamtes abzudrucken oder gar die oben beschriebenen Handlungen zu kritisieren. Dass zu alledem der Kreistag schweigt, zeigt deutlich, dass es mit der gesetzlich vorgesehenen Kontrolle der Landratsamtsverwaltung durch den Kreistag nicht weit her ist - statt Kontrolle, macht man weiter gemeinsame Sache.
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