Kirchseeon-intern.de - Wissens- und Sehenswertes über Kirchseeon


Dezember 2018
Entwässertes Moor bei Fürmoosen, Gde. Moosach

Klimaschädliche Moore

Zu den wenigen im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern konkret genannten Klimaschutzvorhaben gehört der "Masterplan Moore in Bayern". Bereits im August hatte der damalige Bayerische Umweltminister Dr. Marcel Huber den "Masterplan" der Öffentlichkeit vorgestellt.

Aber was haben Moore mit Klimaschutz zu tun? Moore entziehen seit Jahrtausenden der Atmosphäre Kohlendioxid (CO2) und speichern es langfristig in Form organischer Substanzen im Torf. In einer Studie des Bundesforschungsministeriums wurde ermittelt, dass in den Mooren Bayerns im Durchschnitt ca. 700 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar gebunden sind.

Wenn aber ein Moor für die Gewinnung von Weide- oder Ackerland entwässert wird, zersetzen sich die Torfe infolge des Luftzutritts. Der im Torf seit der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren gebundene Kohlenstoff entweicht als Kohlendioxid (CO2) und teilweise auch als Methan (CH4) in die Atmosphäre. Auch entsteht bei der Moorentwässerung Lachgas (N2O). Methan hat eine 28fach größere Klimawirkung als CO2. Die Klimawirkung von Lachgas übersteigt die von CO2 sogar um beinahe das 300fache. Daher rechnet man alle diese Gase hinsichtlich ihrer Klimaschädlichkeit in sogenannte CO2-Äquivalente um. Aus entwässerten Hochmooren entweichen bis zu etwa 12 Tonnen CO2-Äquivalente pro Hektar und Jahr und aus den weitaus häufigeren Niedermoor- und Anmoorböden sogar bis zu etwa 50 Tonnen CO2-Äquivalente pro Hektar und Jahr.

Der Torf löst sich sozusagen in Luft auf. Dies ist als Torfschwund oder Sackung in der Landschaft zu beobachten. Je tiefer entwässert wird, desto stärker ist der Torfschwund.

Im Landkreis Ebersberg gibt es fünf Hochmoore und 96 Niedermoore mit einer Gesamtfläche von rund 4300 Hektar. Das entspricht etwa der Hälfte der Fläche des Ebersberger Forsts bzw. ca. 8% der Gesamtfläche des Landkreises. Ebenso wie in Gesamtbayern sind auch im Landkreis Ebersberg die meisten Moore in den letzten 100-150 Jahren entwässert worden.

Aus Angaben der Staatsregierung lässt sich errechnen, dass aus den entwässerten Mooren im Landkreis Ebersberg jedes Jahr rund 200.000 Tonnen CO2-Äquivalente in die Atmosphäre freigesetzt werden. Zum Vergleich: dies entspricht etwa der Menge an CO2-Emissionen, die der gesamte Stromverbrauch im Landkreis verursacht.

Das durch natürliche Zersetzung des Torfes freigesetzte CO2 hat die gleiche Klimawirkung wie CO2 aus der Verbrennung anderer fossiler Energien. Im "Klimaschutzkonzept" und "Meilensteinplan" des Kreistags, mit denen dieser den Landkreis "bis zum Jahr 2030 frei von fossilen und anderen endlichen Energieträgern" machen will "und zwar sowohl für Strom und Wärme als auch für Verkehr und Mobilität", kommen diese großen natürlichen CO2-Emissionen aus den Mooren im Landkreis aber überhaupt nicht vor. Auch die erheblichen CO2- und Lachgas-Emissionen aus der Landwirtschaft oder die beträchtlichen Energie- und CO2-Mengen, die andernorts für die Produktion und Verteilung von Gütern und Dienstleistungen benötigt werden, die aber von den Landkreisbürgern konsumiert werden, werden darin einfach ignoriert – welche Glaubwürdigkeit haben Pläne, die einen großen Teil der Realität einfach ausblenden?

Bescheiden sind daher auch die Bemühungen des Landratsamts Ebersberg zur Renaturierung und Wiedervernässung der Moore: bisher wurden nur wenige Hektar (im Brucker Moos) renaturiert. Die Potentiale wären aber erheblich, wenn eine Verständigung mit den Grundeigentümern gelänge. So führte die Staatsregierung in der LT-Drs. 16/7598 vom 31.03.2011 aus, dass durch eine vollständige Renaturierung aller bayerischen Moore, die in ihrem Wasserhaushalt und in ihrer Kohlenstoff-Bindung gestört sind (ca. 200.000 ha), insgesamt ca. 5 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente/Jahr gebunden werden könnten. Auf den Landkreis Ebersberg bezogen bedeutet dies, dass aus den hiesigen Mooren bei einer vollständigen Renaturierung und Wiedervernässung nicht mehr 200.000 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr freigesetzt, sondern statt dessen rund 120.000 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr gespeichert (!) würden.

Mit dem "Masterplan Moore in Bayern" sollen die Eigentümer und Nutzer von Moorflächen auf freiwilliger Basis motiviert werden, eine moorverträgliche landwirtschaftliche Nutzung einschließlich der Entwicklung neuer Nutzungsformen wie den Anbau von "Sumpfpflanzen" wie Rohrkolben, Rohrglanzgras, Schilf und Seggen (sogenannte Paludikulturen) zu praktizieren, um die weitere Freisetzung von CO2 zu stoppen oder gar umzukehren. Zudem soll die klassische Renaturierung von Mooren durch die Naturschutzverwaltungen verdreifacht werden.

Jeder Hektar renaturiertes Moor ist nicht nur ein Gewinn für den Klimaschutz, sondern auch für den Naturschutz – anders als bei anderen Energiewende- und Klimaschutzprojekten wie Windkraft- oder Freiflächenphotovoltaikanlagen. Die Moore im Landkreis haben daher mehr Aufmerksamkeit verdient.


Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift "Der Oberbayer", Heft Dezember 2018. Artikel mit lokalem Bezug aus dieser Zeitschrift werden mit ein paar Wochen Verzögerung an dieser Stelle abgedruckt. Den Beitrag in der aktuellen Ausgabe finden Sie auf der Seite http://www.kirchseeon-intern.de/der-oberbayer.htm

Diese Webseiten werden fortlaufend erweitert und ergänzt.


  © 2011-2019 · L. Steininger · E-Mailemail senden