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Januar 2018
150 Jahre Bahnhof Kirchseeon

150 Jahre Kirchseeon Bahnhof

"Ludwig II. von Gottes Gnaden König von Bayern, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Franken und in Schwaben etc. etc. - Wir haben nach Vernehmung Unseres Staatsrathes mit Beirath und Zustimmung der Kammer der Reichsräthe und der Kammer der Abgeordneten beschlossen und verordnen, was folgt: Artikel 1 - Zur Vervollständigung bereits bestehender Einrichtungen der Staatseisenbahnen werden folgende Maximal-Credite eröffnet: ... 6) für die Herstellung einer Ergänzungsbahn von Rosenheim über Kirchseeon nach München der Betrag von 4.000.000 fl. ... Gegeben Schloß Berg, den 16. Mai 1868."

Was sich im "Gesetz-Blatt für das Königreich Bayern", Ausgabe Nr. 30 vom 26. Mai 1868, im "Gesetz, die Vervollständigung der bayerischen Staatseisenbahnen betr." so nüchtern liest, ist nichts weniger als die Gründung von Kirchseeon Bahnhof, dem Kern der heutigen Marktgemeinde Kirchseeon, vor 150 Jahren durch König Ludwig II.

Mit diesem Gesetz wurden staatliche Geldmittel in Höhe von 4 Mio. Gulden (in heutiger Kaufkraft etwa 60 Mio. Euro) zur Finanzierung des Baus einer zweiten (eingleisigen) Bahnlinie von München nach Rosenheim bereitgestellt. Der Bau dieser zweiten Bahnstrecke von München nach Rosenheim war notwendig geworden, weil sich herausgestellt hatte, dass die Trassenführung der 1857 - also nur 10 Jahre zuvor - eröffneten "Maximiliansbahn" durch den sogenannten Teufelsgraben bei Kreuzstraße eine Fehlplanung war. Denn die Betriebskosten waren wegen der zu überwindenden großen Höhenunterschiede und der vielen engen Kurven enorm und die bereits damals überlastete Strecke konnte wegen der engen Verhältnisse auch nicht zweigleisig ausgebaut werden.

Diese Fehlplanung wollte man nun durch eine neue Trassenführung beheben. Zahlreiche Gemeinden wandten sich daraufhin mit Eingaben an verschiedene staatliche Stellen, um zu erreichen, dass die neue Bahnlinie an ihrem Ort vorbeiführt. Vergeblich versuchten z.B. die Aiblinger mit den Nachbargemeinden die Hohe Kammer der Abgeordneten (dem Vorläufer des heutigen Bayerischen Landtags) im März 1868 mit einem technischen Gutachten davon zu überzeugen, dass ihr Trassenvorschlag über den Markt Aibling, Heufeld und das Glonntal der vorzugswürdigere wäre – die ungünstigeren topographischen Verhältnisse sprachen jedoch gegen sie und für eine nördlichere Trassenführung mit dem Fixpunkt Kirchseeon am Durchbruch der Endmoränenkette.

Die verbindliche Festlegung der Stationen dieser nördlicheren Trasse über Kirchseeon erfolgte erst im Oktober 1868. Erfolgreiche „Lobbyarbeit“ für eine Bahnstation hatte zuvor die Gemeinde Großkarolinenfeld geleistet, eine Siedlung, in der sich ab 1802 aufgrund eines königlichen Aufrufs Protestanten ansiedelten und die sich in ihrem Bittbrief auf den besonderen Schutz und die Unterstützung durch die (damals schon verstorbene) evangelische Königin Karoline (von Baden), der Gattin von König Max-Josef I., beriefen.

Im November 1868 wurde der Auftrag für die Planerstellung erteilt, im April 1869 waren die Pläne fertig. Lange war in der Abgeordnetenkammer darum gerungen worden, ab Kirchseeon einen Abzweig über (Markt) Schwaben, Erding nach Landshut zu bauen. Im März 1869 lehnte es die Abgeordnetenkammer schließlich endgültig ab, den Bau einer solchen Linie zu finanzieren.

Die durchgesehenen Akten zum Bahnbau im Bayerischen Hauptstaatsarchiv brachten bisher keine Klarheit, ob die Station Kirchseeon Bahnhof mitten in den Wäldern östlich von Eglharting nur wegen des Abzweigs nach Landshut geplant wurde oder ob sie von Anfang an zur Anbindung einer Schwellenfabrik vorgesehen war. Der Fichtenreichtum der Gegend kann eigentlich nicht maßgeblich gewesen sein, denn Fichtenschwellen wurden kaum produziert, da sie eine weitaus geringere Liegedauer als Schwellen aus anderen Hölzern hatten.

Der Bau der "Schwellenfabrik Kirchseeon" wurde rund 6 Monate nach dem Gesetz zum Bau der Eisenbahnlinie durch eine Entschließung des kgl. Staatsministeriums des Handels und der öffentlichen Arbeiten vom 1. Oktober 1868 angeordnet; ab Januar 1869 wurde die Anlage gebaut. Die Produktionskapazität war anfangs wohl noch nicht hoch, denn sonst hätte nicht mit Vertrag vom 13. März 1869 das "Etablissement Otto Steinbeis und Consorten" aus Brannenburg mit der Lieferung der zum Streckenbau benötigten Föhrenholzschwellen, die mit "Doppelt Chlor Quecksilber" imprägniert waren, beauftragt werden müssen. Dieses Imprägnierverfahren war in Bayern durch die Fa. Otto Steinbeis 1868 eingeführt worden.

Auch die Schwellen aus der "Kgl. Schwellenfabrik Kirchseeon", die für den Bau der Bahnlinie verwendet wurden, waren großteils aus Föhrenholz und nur zum kleinen Teil aus Fichte und mit Quecksilberchlorid ("Kyanisierung") imprägniert. Die Imprägnierung mit Kreosot wurde erst 1872 aufgenommen.

Im "Marggraff", dem Standardwerk über die Geschichte der Kgl. Bayerischen Staatseisenbahnen aus dem Jahr 1894 liest man über das Schwellenwerk Kirchseeon: "Zum Zwecke der Fabrikation und Tränkung der für Neubau und Unterhaltung der Staatsbahnen nötigen Bahnschwellen in Staatsregie wurde eine den kgl. Bausektionen gleichgeordnete Schwellenfabrik bei Kirchseeon, mitten in ausgedehnten Staatsforsten an der Linie München - Grafing - Rosenheim gelegen, gegründet, mit einer Dampf-Sägmühle und Imprägnieranstalt ausgerüstet und i. J. 1869 in Betrieb genommen, seit welcher Zeit die Tränkung von Nadelholzschwellen und später auch von Buchenschwellen mit Ätzsublimat, Chlorzink oder Kreosot in grossem Massstabe vor sich ging."

Für die Gleise wurden 6 Meter lange Schienen, die von der Maxhütte in der Oberpfalz geliefert wurden, verwendet. Auf den Gleisen der am 15. März 1871 in Betrieb genommenen Strecke fuhren die Züge noch mit gemütlichen 20-25 km pro Stunde. Das Bahnhofsgebäude in Kirchseeon, das inzwischen ziemlich heruntergekommen ist (siehe Bild), ist das einzige, was von den anfänglichen Bahnbauten heute noch erhalten ist.

Weitere Informationen:
Broschüre Eisenbahn-Schwellenwerk Kirchseeon 1950

Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift "Der Oberbayer", Heft Januar 2018. Artikel mit lokalem Bezug aus dieser Zeitschrift werden mit ein paar Wochen Verzögerung an dieser Stelle abgedruckt. Den Beitrag in der aktuellen Ausgabe finden Sie auf der Seite http://www.kirchseeon-intern.de/der-oberbayer.htm

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