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März 2015
Schlamperei beim Kirchseeoner Wasserwerk - oder: Des ham'ma scho' immer so g'macht !
Einem aufmerksamen Kirchseeoner Hausbesitzer war es zum Jahreswechsel aufgefallen, dass die Eichgültigkeit
des bei ihm eingebauten Wasserzählers zum 31.12.2014 ausgelaufen war; ein Austausch seitens des
Wasserwerks war aber erst angekündigt.
Nach §31 Abs. 2 Nr. 3 und §37 Abs. 1 des zum 1.1.2015 in Kraft getretenen neuen Mess- und
Eichgesetzes (MessEG) dürfen zur Ermittlung des Wasserverbrauchs keine ungeeichten Zähler oder Zähler
nach Ablauf der Eichgültigkeit (bei Kaltwasserzählern 6 Jahre) eingesetzt werden. Messwerte von Wasserzählern
mit abgelaufener Eichgültigkeit dürfen nach §33 Abs. 1 MessEG nicht für Abrechnungszwecke verwendet werden.
Auch §10 Abs. 2 der Kirchseeoner Wassergebührensatzung
schreibt den Einsatz geeichter Zähler zur
Ermittlung des Wasserverbrauchs zwingend vor.
Diese Verpflichtungen aus dem MessEG hat das Wasserwerk Kirchseeon und nicht der Hauseigentümer zu
erfüllen; der rechtzeitige Austausch von Wasserzählern vor Ablauf der Eichgültigkeit obliegt daher dem
Wasserwerk Kirchseeon.
Darauf angesprochen, musste Kämmerer und Wasserwerksleiter Robert Ess einräumen, dass am Jahresanfang 2015
vermutlich rund 300 Wasserzähler zum Austausch vorgesehen waren, deren Eichgültigkeit wohl bereits zum
31.12.2014 abgelaufen war; etwa jeder fünfte Zähler im Versorgungsgebiet des Wasserwerks könnte betroffen sein.
Dies erklärt auch die Hektik, mit der seit Jahresanfang der Mitarbeiter des Wasserwerks zusammen
mit einer zusätzlichen Kraft des gKU VE München Ost die vorhandenen Wasserzähler gegen neue,
geeichte austauscht; die Austauscharbeiten dürften wohl erst im März abgeschlossen sein.
Es scheint langjährige Praxis beim Wasserwerk zu sein, dass Wasserzähler teilweise erst sehr
lange nach Ablauf der Eichgültigkeit ausgewechselt werden: vorliegende Zählerwechsel-Protokolle
des Wasserwerks belegen, dass im Jahr 2013 ein Wasserzähler auch noch 14 Monate nach Ablauf der Eichgültigkeit
eingebaut war und seine Messdaten dennoch für den Wassergebührenbescheid verwendet wurden.
Aus anderen Zählertauschprotokollen ergibt sich, dass es offenbar seit Jahrzehnten der Regelfall beim
Wasserwerk war, die Zähler erst lange nach Ablauf der Eichgültigkeit auszutauschen.
Die Verwendung von Zählern nach Ablauf der Eichdauer stellt eine Ordnungswidrigkeit nach §60 Abs. 1 Nr. 14 MessEG
dar und kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000 EUR sanktioniert werden. Daher wurde das zuständige
Eichamt in München über die getroffenen Feststellungen beim Kirchseeoner Wasserwerk in
Kenntnis gesetzt; das Eichamt soll bereits Ermittlungen aufgenommen haben und den verantwortlichen
Werksleiter Ess zu einer Stellungnahme aufgefordert haben.
Andererseits steht die Verwendung von Messwerten solcher ungeeichten Zähler unter der
Sanktionsdrohung des §60 Abs. 1 Nr. 19 MessEG. Da §10 Abs. 2 Satz 2 der Wassergebührensatzung
für diesen Fall aber auch nicht die Schätzung des Verbrauchs vorsieht, dürfte es alle betroffenen
Hauseigentümer sehr interessieren, ob Wasserwerksleiter Ess dennoch die beim Austausch
eichungültiger Zähler aufgezeichneten Messwerte für die nächste Wasserabrechnung im Herbst 2015 verwenden
will – oder ob die seit der letzten Ablesung im Herbst 2014 bis zum Zähleraustausch verbrauchten
Wassermengen womöglich gar nicht abrechenbar sind.
Das Grundvertrauen der Bevölkerung in das rechtsstaatliche Handeln der von Bürgermeister Udo Ockel
verantworteten Gemeindeverwaltung wird durch diese Vorgänge erneut einer harten Belastungsprobe
ausgesetzt. Die Bevölkerung wird daher mit Interesse verfolgen, was die Ermittlungen des Eichamts München
ergeben werden, ob Bußgelder verhängt werden und welche Konsequenzen aus dem Vorfall gezogen werden.
Seit Februar wird jedenfalls
ein Nachfolger für den Wasserwerksleiter
und Kämmerer Ess gesucht.
Nachtrag August 2015:
Die als Nachfolgerin für den Kämmerer Robert Ess zum 1.6.2015 eingestellte Mitarbeiterin schied bereits nach 5 Wochen wieder aus der Gemeindeverwaltung aus. Robert Ess hat seitdem wieder die Leitung der Kämmerei inne.
Auf eine öffentliche Erklärung von Bürgermeister Ockel zu diesem überraschenden Ausscheiden und daüber, weshalb in der "Zähleraffäre" alle
Kontrollen des Wasserwerks seitens des Bürgermeisters und des Werksausschusses - falls es eine solche Kontrolle überhaupt gab und gibt - versagt haben, können die Gemeindebürger und Wasserkunden wohl lange warten.
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