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Februar 2022 Brennerzulauf – wie geht's weiter? (Teil 1)Anfang Dezember 2021 stellte die DB Netz AG vier Trassenvarianten für den Ausbau des Brennerzulaufs im Abschnitt Ostermünchen – Grafing - Kirchseeon öffentlich vor. Zuvor hatte sie im Rahmen der von ihr organisierten Öffentlichkeitsbeteiligung den Bürgern auf einer eigens dafür eingerichteten Internetseite die Möglichkeit gegeben, selbst Eisenbahnplaner spielen und eigene Trassenvorschläge entwickeln und vorschlagen zu können.Wie wenig ernst dies aber gemeint war, war schon daraus zu ersehen, dass die DB Netz AG bereits lange vorher im Frühjahr/Sommer 2021 an den zahlreichen Punkten Bodenprofile erstellen und Bodenproben untersuchen hatte lassen. Und "rein zufällig" lagen diese Meßpunkte fast durchwegs entlang der nun vorgestellten "Wunschtrassen" der DB Netz AG…. Welchen Sinn hätte es für die DB Netz AG auch gemacht, Bodenproben dort zu nehmen, wo sie sicherlich keine neuen Gleise bauen will? Einige Lokalpolitiker gaben sich dennoch überrascht und waren auch über den geringen Tunnelanteil entrüstet. Aber auch das konnte man bereits aus der geringen Bodensondierungstiefe, die nur im Bereich der dortigen Moorgebiete bis auf etwa 20 m hinunterreichte, ablesen: dies genügt nur für die Prüfung einer oberflächlichen Trassenführung, aber nicht, um die Eignung für einen Tunnel bewerten zu können. Keinesfalls überraschend war auch, dass eine von der DB Netz AG zunächst angedachte Trassenführung nördlich von Aßling nicht weiter verfolgt wurde. Denn dies hätte nicht nur bei Straußdorf eine riesige Brücke über das Atteltal erfordert, auch die hohe Inanspruchnahme von Fremdgrund und eine Fahrzeitverlängerung sprachen dagegen. Der hohe Bedarf an knappen landwirtschaftlichen Flächen führte auch zum Aus für eine ursprünglich angedachte und auch von vielen Bürgern vorgeschlagene Trassenführung nördlich vorbei an Alxing, Pienzenau und Taglaching hin zu einer Einschleifung in die Bestandsstrecke bei Pötting. Die südlich an Oberelkofen vorbeigeführten Neubaugleise sollen nun in diesen Varianten bereits bei Schammach wieder auf die Bestandstrasse treffen. Da die DB Netz AG beidseits der Bestandsgleise über viel Grund verfügt, muss bei der Weiterführung der Neubaugleise in Richtung Kirchseeon nur wenig Fremdgrund in Anspruch genommen werden. Gleichwohl stößt die umfangreiche Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen zwischen Aßling und Schammach auf wenig Verständnis. Beschwerden über die Ungleichbehandlung mit dem Nachbarlandkreis Rosenheim, wo unvorstellbare 5-10 Mrd. in Eisenbahntunnels fließen sollen, wurden laut. Es wird der Vorwurf erhoben, dass die DB Netz AG diese Gelder im Landkreis Ebersberg wieder einsparen will. Heftige Kritik kam aus Grafing wegen der "Umzingelung" von Oberelkofen und Eisendorf durch Bestands- und Neubaugleise: Lärm würde dort künftig von allen Seiten kommen, lärmabgewandte, ruhigere Gebäudeseiten gäbe es nicht mehr. "Jan Paeplow, CSU-Bürgermeister von Kirchseeon, könnte aufatmen, dass seine Gemeinde keine neuen Gleise bekommen soll" meldete eine schlechtinformierte Lokalzeitung. Tatsächlich aber ist aus den Planunterlagen der DB Netz AG deutlich zu ersehen, dass die Einbindung der Neubaugleise in die Bestandsgleise auf Kirchseeoner Flur erfolgen soll. Die Neubaugleise würden bis zu 2 km auf Kirchseeoner Gemeindegebiet verlaufen, womöglich bis kurz vor der Moosacher Brücke. Umfangreiche Hangabgrabungen wären erforderlich, um südlich der Bestandsgleise etwa 10-15 m Platz für zwei weitere Gleise zu schaffen. Wenn die Neubaugleise zudem - als Voraussetzung für Geschwindigkeiten bis 230 km/h - mit größeren Kurvenradien als die Bestandsgleise geplant und gebaut würden, würde diese 10-15 m bei weitem nicht reichen. Die Verknüpfung zwischen den beiden Neubau- und den beiden bestehenden Fernbahngleisen muss kreuzungsfrei erfolgen, da andernfalls erhebliche Trassen-Kapazitätsverluste in Kauf genommen werden müssten. Wo genau dieses 1-1,5 km lange sogenannte Überwerfungsbauwerk gebaut werden soll (ein vergleichbares Bauwerk kann man zwischen Trudering und Gronsdorf sehen), darüber schweigt die DB Netz AG bisher. Im Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) (S. 177), der im August 2016 vom Bundeskabinett beschlossen wurde, sind im Projekt-Nr. 2-009-V03, ABS/NBS München - Rosenheim - Kiefersfelden - Grenze D/A (- Kufstein) die beiden Neubaugleise erst ab Grafing - und nicht bereits ab Kirchseeon – vorgesehen: "Blockverdichtung München-Trudering - Grafing; 2-gleisige NBS Grafing-Großkarolinenfeld, Vmax 230 km/h; 2-gleisige NBS Großkarolinenfeld – Brannenburg, Vmax 230 km/h ..." Wie der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags im Sachstandsbericht WD 5-3000-050/18 aber bereits 2018 feststellte, hat der BVWP keine formell-rechtliche Relevanz, d.h. die geographischen Angaben im BVWP sind für die DB Netz AG ebenso wenig bindend wie Geschwindigkeitsangaben. Maßgeblich ist allein die Festlegung in der Anlage zu §1 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes: Projekt Nr. 7 im Vordringlichen Bedarf "ABS/NBS München - Rosenheim - Kiefersfelden - Grenze D/A (- Kufstein)." Dieser Artikel ist eine fortgeschriebene Fassung der in der Zeitschrift "Der Oberbayer", Heft Februar 2022, erschienenen Erstversion. Artikel mit lokalem Bezug aus dieser Zeitschrift werden mit ein paar Wochen Verzögerung an dieser Stelle abgedruckt. Den Beitrag in der aktuellen Ausgabe finden Sie auf der Seite http://www.kirchseeon-intern.de/der-oberbayer.htm
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