Kirchseeon-intern.de - Wissens- und Sehenswertes über Kirchseeon |
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Januar 2016 365mal im Jahr keine Stille NachtAuch die bisher letzte vom Bundesverkehrsministerium veröffentlichte Liste der Vorhaben des neuen Bundesverkehrswegeplans vom Frühjahr 2015 sieht für die Bahnstrecke München-Trudering bis Großkarolinenfeld weiterhin einen 4-gleisigen Ausbau vor. Als Variante ist zwischen Trudering und Grafing Bhf. ein Ausbau ohne zusätzliche Gleise auf 200 km/h (derzeit 160 km/h) und zwischen Grafing und Kufstein auf 160 km/h vorgesehen; in dieser "gleislosen" Variante soll die Leistungs/Kapazitätserhöhung anstatt durch zusätzliche Gleise durch signaltechnische Maßnahmen wie Blockverdichtungen und Einführung einer sog. Linienzugbeeinflussung erreicht werden.Der Bevölkerung in den bayerischen Anliegergemeinden des sog. Brennernordzulaufs beklagt sich schon lange über die unzumutbare Belastung durch den Bahnlärm. In der Lärmbefragung, die das Eisenbahnbundesamt (EBA) bis Ende Juni 2015 durchführte, kamen – angesichts der hiesigen hohen Zugzahlen wenig überraschend - von Anwohnern der Strecke München-Rosenheim wesentlich mehr Beschwerden über Bahnlärm als aus den Gemeinden des Abschnitts Rosenheim-Kiefersfelden. Und Kirchseeon erreichte sogar bundesweite "Berühmtheit", denn nach einer Liste des EBA gehört Kirchseeon zu den 20 Orten in ganz Deutschland, aus denen sich bei der EBA-Befragung die meisten Menschen gegen Bahnlärm beschwerten (Seite 29 im pdf). Die Beschwerden der Bevölkerung stoßen aber beim Kirchseeoner Gemeinderat, dem Kreistag und den Mandatsträgern aus dem Landkreis weiterhin nur auf Desinteresse. Zwar behaupten alle Mandatare, angefangen von MdEP Dr. Niebler über die MdBs Dr. Lenz und Schurer und die MdLs Huber und Rauscher bis hin zu Landrat Niedergesäß, dass sie angeblich für den Schutz der Bevölkerung vor Bahnlärm eintreten würden. Tatsächlich ist keine eigenständige Initiative erkennbar und nur auf äußeren Druck hin bewegt man sich millimeterweise, ohne aber bisher irgendwelche konkreten Ergebnisse vorweisen zu können. Man könnte meinen, dass sich MdEP Dr. Niebler für die Bahnstrecke, die mitten durch ihren Wohnort führt, interessieren müßte. In der konstituierenden Sitzung des regionalen Projektbeirats zum Brennernordzulauf aber glänzte sie mit Abwesenheit - ihre MdEP-Kollegin aus Rosenheim, Frau Noichl, hingegen war dort anwesend und zeigte dadurch ihr Interesse. Möglicherweise ist aber Frau Dr. Niebler neben ihrem Mandat im EU-Parlament durch Ihre Tätigkeit für Anwaltskanzlei Gibson, Dunn & Crutcher LLP zeitlich so in Anspruch genommen, dass ihr einfach die Zeit fehlt, sich um dieses Thema zu kümmern oder auf Bürgeranfragen zum Thema Brennerzulauf zu antworten. MdB Ewald Schurer lehnte es gar im Frühjahr 2015 in Pöring in dem von ihm organisierten "Fachgespräch" zum Ausbau des Brennerzulaufs ab, zuzusagen, sich im Bundestags-Haushaltsausschuß, dem er angehört, für eine deutliche Erhöhung des Lärmsanierungsetats einzusetzen - eine ziemlich erklärungsbedürftige Haltung für jemand, der der Parlamentsgruppe Bahnlärm angehört, eine Parlamentariergruppe, die sich eigentlich für die Minderung des Bahnlärms einsetzen will. Und Dr. Lenz tritt schon seit Jahren entschieden gegen einen effektiven Lärmschutz an der Bahnstrecke München-Rosenheim ein, sein Mantra lautet: "Einen Tunnel wird es nicht geben". Mit seiner ablehnenden Haltung hat er zumindest erreicht, dass der zunächst im Abschnitt Trudering-Grafing vorgesehene Tunnel ("Strich in der Landschaft") jetzt im Landkreis Rosenheim geplant wird.... Im Januar 2016 wärmte dann die "Landkreis-GroKo" Schurer und Dr. Lenz eine bereits im Frühjahr 2015 als angeblich tolle "Lärmschutzmaßnahme" für den Landkreis vorgebrachte Idee wieder auf: in einem Schreiben an Bundesverkehrsminister Dobrindt forderten die beiden die Aufnahme des Ausbaus der Strecke Landhut-Mühldorf-Rosenheim in den neuen Bundesverkehrswegeplan, so jedenfalls berichten die Ebersberger Zeitung und die Süddeutsche. Abgesehen davon, dass bis heute keine Nutzen-Kosten-Untersuchung zu dieser Ausbaustrecke bekannt ist und eine Entlastungswirkung für den Landkreis Ebersberg wegen der langen Planungs- und Bauzeiten überhaupt nicht in Sicht ist (von den zu erwartenden massiven Widerständen der Bevölkerung ganz zu schweigen), praktizieren Schurer und Dr. Lenz mit ihrem Vorstoß doch eine sehr spezielle Form des Sankt-Florians-Prinzips: Heiliger Alexander, zünd' nicht nur unser Haus an, sondern auch das der Nachbarn in Mühldorf und Umgebung. Denn es ist doch eine etwas eigenartige Vorstellung von Lärmschutz, wenn Dr. Lenz und Schurer den Bahnlärm nicht reduzieren, sondern statt dessen noch mehr Menschen mit dem gesundheitsschädlichen Bahnlärm belasten wollen, d.h. es sollen noch mehr Menschen durch den Lärm krank werden und in der Folge sterben. Die Bahnanlieger im Landkreis Ebersberg jedenfalls sehen sich von den "Pro-Bahnlärm-Koalitionären" Schurer und Dr. Lenz schon lange nicht mehr vertreten, sondern nur noch verhöhnt. Aber Schurer, Lenz & Co. stehen nicht alleine. Auch die Bayerische Staatsregierung will in Wirklichkeit die Anlieger nicht von dem Schienenlärm schützen: am 18. Dezember 2015 lehnte sie im Bundesrat eine gemeinsame Entschließung des Bundesrats für mehr Lärmschutz ab - die Mehrheit des Bundesrates billigte jedoch die Entschließung. Bemerkenswert dabei ist, dass die Entschließung keine weitergehenderen Forderungen beinhaltete als sie bereits in der GroKo-Vereinbarung stehen, d.h. Seehofer und die CSU stehen heute nicht mal mehr zu den GroKo-Vereinbarungen zum Schutz vor Bahnlärm. Und auch der im Dezember 2015 überraschend von CDU/CSU und SPD angekündigte Koalitionskompromiß für mehr Lärmschutz an den TEN-T-Strecken (auch München-Rosenheim gehört dazu) wurde durch massive Intervention auch aus Bayern vorerst wieder verschoben - Wiedervorlage unbekannt. Es würde niemand verwundern, wenn auch die "Pro-Bahnlärm-Koalition" aus dem Landkreis Ebersberg für das Scheitern dieser GroKo-Initiative mitursächlich wäre, weil sie keinen Cent für Lärmschutz ausgeben will - das Geld wird schließlich für Bahntunnels im Landkreis Rosenheim, aber nicht im Landkreis Ebersberg gebraucht! Selbst die Bahnlobbyisten auf railblog.info werfen Schurer und Dr. Lenz mangelnde Konsequenz vor und halten deren Engagement für weniger Lärm an der Bahnstrecke München-Rosenheim nur für ein Lippenbekenntnis. Denn beide MdBs hätten Ende November 2015 dem Bundeshaushalt 2016 (siehe dort die Auflistung "Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes", S. 2031) zugestimmt, welcher den Ausbau Landshut-Mühldorf-Rosenheim nicht enthalte. Ausserdem sei für die "Baukostenzuschüsse für Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes" im Haushalt 2016 mit 1,26 Mrd. Euro zwar mehr als 2015 eingestellt worden, in Anbetracht der Kosten der anstehenden Ausbaumassnahmen wäre das aber jedoch ein Tropfen auf dem heissen Stein. Wenn Schurer und Dr. Lenz der Ausbau der Bahnstrecke Rosenheim-Mühldorf-Landshut-(Regensburg-Magdeburg) wirklich am Herzen läge, hätten sie sich nach Meinung des railblog-Kommentators schon im Frühjahr 2015 dafür einsetzen müssen, dass diese Strecke in die Liste "Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes" des Bundeshaushalts 2016 aufgenommen wird. Ausserdem hätten sie sich für eine deutlichere Aufstockung des Postens "Baukostenzuschüsse für Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes" im Haushalt 2016 einsetzen müssen - schließlich sei der Entwurf des Bundeshaushaltsgesetzes bereits seit 14.8.2015 im Internet zu finden gewesen. Ganz anders die Lärmschutz-Blockierer Dr. Lenz und Schurer reagierten die Mandatsträger und Gremien im Landkreis Rosenheim, die es durch Engagement und Einsatz schafften, dass vor kurzem die DB Netz AG unter Beteiligung der Anliegergemeinden im Inntal mit der Planung einer tunnelgeführten Neubaustrecke zwischen Großkarolinenfeld und der österreichischen Grenze begann. Es besteht daher heute die eigenartige Situation, dass überall auf der europäischen TEN-T-Strecke zwischen München und Verona in allen Anrainerländern schon außerörtliche Neubaustrecken sowie Tunnels gebaut wurden, derzeit gebaut werden oder fest in Planung sind (wie zwischen Großkarolinenfeld und der Grenze D/A) - nur im dichtest befahrenen Abschnitt, nämlich im Abschnitt München-Rosenheim, sollen demnächst die ICEs mit 230 km/h mitten durch die Ortschaften donnern und Güterzüge die Nacht zum Tage machen und zunehmend auch die Wochenenden mit Lärm zuschütten. Im Oktober 2015 wurde bekannt, dass Österreich in einem neuen Anlauf zu einem sektoralen Fahrverbot die Lkws von der Inntalautobahn auf die Schiene zwingen will (bisher stoppte immer der Europäische Gerichtshof die Tiroler). Während aber Österreich Vorsorge gegen den dann zunehmenden Güterzugverkehr getroffen hat und im Inntal eine w eitgehend tunnelgeführte Eisenbahn-Neubaustrecke außerhalb der Ortschaften gebaut hat, würden diese zusätzlichen Güterzüge auf der bayerischen Seite und damit auch in Kirchseeon mitten durch die Ortschaften fahren und den jetzt schon unerträglichen Lärmpegel noch weiter erhöhen: die erzwungene Verlagerung von 200.000 Lkws pro Jahr auf die Schiene würde zu rund 30% mehr Güterzügen durch Kirchseeon führen, die vor allem nachts fahren würden. Dies ist umso bedenklicher, als in den letzten Jahren mehrere wissenschaftliche Studien ergaben, dass Bahnlärm weitaus gesundheitsschädlicher als Straßenlärm ist. Anfang November 2015 wurden die Ergebnisse der sog. NORAH-Studie zu den medizinischen Wirkungen von Flug-, Straßen- und Schienenlärm veröffentlicht. Diese mit Kosten von 10 Millionen EUR bislang teuerste und umfangreichste Studie zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Verkehrslärm ergab, dass Bahnlärm bereits ab Mittelungspegeln von 40 dB(A) zu mehr Herzinsuffizienzen, mehr Schlaganfällen und zu mehr Depressionen führt - in Kirchseeon und Eglharting sind die Menschen entlang der Bahnlinie durchwegs Lärmpegeln von 55-60 dB(A) ausgesetzt, Einzelne sogar extrem hohen Mittelungspegeln bis zu 75 dB(A). Lärm macht krank und tötet, dies zeigt sich immer deutlicher für den bisher verharmlosten Bahnlärm. Anstatt nun aber endlich ihrer verfassungsrechtlichen Verpflichtung zum Schutz der Gesundheit und des Lebens der Menschen nachzukommen, vertrösten die Bundes- und die Landesregierung die Bevölkerung an der Bahnlinie München-Rosenheim-Kufstein mit einer sog. Machbarkeitsuntersuchung und vagen Versprechungen auf Lärmminderung in ferner Zukunft. Ausgerechnet die Fa. Möhler und Partner aus München, die eine Vielzahl an Aufträgen von der DB AG bekam und bekommt, soll nun als angeblich unabhängiger Gutachter diese Machbarkeitsstudie durchführen. Welche Lärmminderung damit erreicht werden soll, ist bislang ebenso unklar wie die Finanzierung etwaiger Maßnahmen. Denn das Land Bayern weigert sich weiterhin, für die vielleicht irgendwann durchzuführenden Lärmminderungsmaßnahmen auch nur einen Cent beizusteuern und verweist nur auf Bundesverkehrsminister Dobrindt. Und dieser ließ im Dezember 2015 eine Beschlußfassung zu einem gemeinsamen Antrag der großen Koalition zur Verbesserung des Lärmschutzes an den TEN-T-Strecken platzen und vorerst auf das nächste Jahr verschieben. Schließlich veröffentlichte im Dezember 2015 die EU-Kommission ein Dokument mit dem Titel "Rail freight noise reduction", in dem sie ihre Vorstellungen beschreibt, wie, wann und in welchen Umfang der unerträgliche Güterzuglärm gemindert werden soll. Zusammenfassend kann man das Ergebnis so beschreiben: die Umrüstung der besonders lauten Güterzugwaggons zu etwas weniger lauten könnte frühestens in 11 Jahren abgeschlossen sein, aber die erwartete Lärmminderung wird durch die zusätzlichen Güterzüge mehr als ausgeglichen. Nicht etwa die von der EU-Kommission vielgepriesenen "grünen Korridore" werden das Land durchziehen, sondern zerstörte Ortschaften, deren Bevölkerung vertrieben wurde, falls diese nicht bereits vorher an den Lärmfolgen verstorben ist. Die Zukunft der Anliegergemeinden zwischen München und Großkarolinenfeld sieht daher nicht rosig aus: der Lärm und die Erschütterungen des Bahnverkehrs dürften künftig alle Gemeinden so nachhaltig negativ prägen wie jetzt schon die Gemeinde Kirchseeon mit der doppelten Lärmbelastung aus Bahn und B304. Der Sozialbericht 2015 des Landratsamts Ebersberg stellte kürzlich fest: "Der Sozialindex für den Landkreis Ebersberg weist vor allem die Gemeinde Kirchseeon als einen Schwerpunkt sozialer Problemlagen aus. Die Gemeinde hat in fast allen Indikatoren die höchsten Werte im Landkreis, womit der hohe von Wert 91,52 (bei einem möglichen Maximum von 100) zu erklären ist." Der wirtschaftliche und soziale Abstieg Kirchseeons wird weitergehen, weil offenbar der politische Wille fehlt, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
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