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Mai 2019
Ortsschild Markt Kirchseeon

80 Jahre Gemeinde Kirchseeon

Als vor 150 Jahren die Bahnlinie München-Rosenheim gebaut wurde, entstand an der östlichen Grenze der damaligen Gemeinde Eglharting die Station Kirchseeon-Bahnhof mit dem Schwellenwerk. Bald schon wurden nicht nur auf Eglhartinger Flur, sondern auch auf dem angrenzenden Gebiet der Gemeinden Ebersberg und Moosach Wohngebäude errichtet. Ab 1901 bestand in "Neufürmoosen" das Sanatorium der Allgemeinen Ortskrankenkasse München (AOK).

So war die Siedlung Kirchseeon-Bahnhof über drei Gemeinden verteilt, was jahrzehntelang der Anlass für Auseinandersetzungen über die Gemeindezugehörigkeit dieser Gebiete war. Alle paar Jahre befassten sich Gemeinderäte und Bezirksamt (Landratsamt) Ebersberg mit Anträgen zur Änderung von gemeindlichen oder kirchlichen Grenzen.

Zuerst ab 1903 und dann wieder ab 1924/25 verfolgte die AOK das Ziel, das Sanatorium in die Gemeinde Eglharting umgliedern zu lassen. Der Gemeinderat Eglharting war dafür, die Gemeinde Moosach dagegen. Die AOK konnte eine Umpfarrung erreichen, zog aber ihre Anträge auf Umgemeindung wegen der Widerstände zurück.

1919/1920 stieß ein Beschluss des Gemeinderats Eglharting mit der Forderung auf "Einverleibung" von Teilen Kirchseeon-Bahnhofs, Kirchseeon-Dorf, Forstseeon, Osterseeon und Pötting beim Marktgemeinderat Ebersberg auf entschiedene Ablehnung. Der Markt Ebersberg sah sich in der stärkeren Position, da im "Gesetz über die Selbstverwaltung" von 1919 vorgesehen war, dass Gebietsänderungen "in der Regel" die Zustimmung der beteiligten Gemeinden erforderten.

Die Gemeinde Eglharting aber blieb beharrlich und erreichte, dass Ebersberg ab 1928 bereit war, Verhandlungen mit der Gemeinde Eglharting zu führen – aber ohne ein greifbares Ergebnis.

In der Weimarer Republik nahmen die gemeindlichen Gebietsreformen zwar zu, dennoch gab es weiterhin Zehntausende an Klein- und Kleinstgemeinden mit weniger als 500 Einwohnern. Denn der Widerstand der betroffenen Gemeinden gegen Umgemeindungen ließ nicht nur in Kirchseeon, sondern reichsweit in vielen Fällen Pläne zur Änderung von Gemeindegrenzen scheitern.

Die Deutsche Gemeindeordnung (DGO) von 1935 sah daher umfangreiche Regelungen zu Namens- und Gebietsänderungen von Gemeinden vor, die nicht nur durch verwaltungspraktische, sondern auch durch NS-ideologische Gründe motiviert waren. Da die Gemeinden ab 1933 ihre Eigenständigkeit weitgehend verloren hatten und faktisch zu Weisungsempfängern staatlicher Aufsichtsbehörden wurden, waren Grenzänderungen "aus Gründen des öffentlichen Wohles" nun leichter möglich, um Gemeinden handlungsfähig zu machen.

Der Versuch von Kirchseeoner Parteigenossen im Jahr 1935, unter Berufung auf die DGO die lange angestrebte Eingemeindung jetzt schnell zu erreichen, wurde aber vom Innenministerium abgeblockt: "Die notwendige Neugliederung der Gemeinden kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie nicht durch gelegentliche, mehr oder weniger zufällig bedingte Einzelmaßnahmen, sondern planmäßig durchgeführt wird … Aus dem angegebenen Grund müssen die ... Verhandlungen über die Neubildung einer Gemeinde Kirchseeon ... zunächst zurückgestellt werden."

In den Jahren 1937 bis 1939 kam es dann zu einer reichsweiten Um- und Eingemeindungswelle. Am 24.12.1938 beschloss die Regierung von Oberbayern die Umgemeindung von Teilen Moosachs und Ebersbergs mit Wirkung zum 1.4.1939 in die Gemeinde Eglharting, ca. 300 Einwohner waren betroffen.

"Aus Anlaß der Vereinigung der Ortschaften Kirchseeon-Dorf, Forstseeon, Osterseeon, dem Sanatorium Kirchseeon und Neufürmoosen mit der Gemeinde Eglharting" lud Bürgermeister Scheidhammer im Ebersberger Anzeiger vom 30. März 1939 die "gesamte Einwohnerschaft des neuen und alten Gemeindegebiets" zu einer Feierstunde am 1. April 1939 in den Wallner-Saal ein.

Der Ebersberger Anzeiger berichtete am 3. und 4. April 1939 ausführlich über die Feier: "… überreichte Landrat Ulrich Bürgermeister Scheidhammer den Eingemeindungsvertrag … Anschließend erfolgte für alle Anwesenden eine große freudige Überraschung. Landrat Ulrich verkündete im Namen des Reichsstatthalters General Ritter von Epp die Umbenennung der Gemeinde Eglharting in den Namen Gemeinde Kirchseeon".

Aktenmäßig nachweisbar ist, dass die Umbenennung erst kurz vorher, nämlich am 28. März 1939, beschlossen worden war. Es ist also durchaus möglich, dass die Umbenennung für den Ort unerwartet kam. Unklar bleibt aber, ob die "Geburtstag" der Gemeinde Kirchseeon der 28.3. oder der 1.4.1939 war.

Anders als der Markt Ebersberg wollte die Gemeinde Moosach die Gebietsabtretung nicht akzeptieren und versuchte ab 1947 vergeblich, die Rückgliederung der Gebiete zu erreichen. Die Regierung von Oberbayern entschied abschließend im Februar 1951, dass die Abtretungen im Jahr 1939 ausschließlich aus Gründen des öffentlichen Wohls erfolgt waren und dass es kein "dringendes öffentliches Bedürfnis" zur erneuten Änderung von Gemeindegrenzen gäbe.

Am 25. Mai 1959 erhielt die Gemeinde Kirchseeon das Marktrecht.


Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift "Der Oberbayer", Heft April 2019. Artikel mit lokalem Bezug aus dieser Zeitschrift werden mit ein paar Wochen Verzögerung an dieser Stelle abgedruckt. Den Beitrag in der aktuellen Ausgabe finden Sie auf der Seite http://www.kirchseeon-intern.de/der-oberbayer.htm

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