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Juli 2016
Verwaltungsgebäude des gKU VE München-Ost in der Blumenstraße in Poing
Verwaltungsgebäude des gKU VE München-Ost in der Blumenstraße in Poing

Sumpfblüten in Poing und Finsing

Die meisten Haushalte im Westen des Landkreises Ebersberg zahlen ihre Wasser- und Abwassergebühren an das "gemeinsame Kommunalunternehmen VE München-Ost" (gKU VEMO) mit Sitz in Poing, das 70.000 Einwohner mit Trinkwasser versorgt und die Abwässer von 105.000 Einwohnern in 13 Gemeinden im Klärwerk Finsing reinigt. Aber kaum einer weiß, wie komfortabel es sich das Führungspersonal und einige Mitarbeiter des gKU VEMO zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil und zu Lasten der Gebührenzahler eingerichtet hatte.

Zwar hatten schon viele aus dem Verwaltungsrat, dem Aufsichtsgremium des gKU VEMO, wie die Bürgermeister Albert Hingerl (Poing), Franz Finauer (Anzing) und Piet Mayr (Zorneding), der Ex-Verwaltungsratschef und Plieninger Ex-Bürgermeister Georg Rittler sowie das Landratsamt Ebersberg von mehreren Personen Hinweise auf Unregelmäßigkeiten erhalten. Aber entweder wurden diese nicht ernst genommen oder es wurde ihnen nicht energisch genug nachgegangen, denn an der Selbstbedienung im gKU VEMO unter Mitwirkung und in der Verantwortung des Vorstands Jens-Folkard Schmidt und seiner Frau Heidi änderte sich nichts.

Als im Jahr 2012 Klaus S. (Name geändert) als Mitarbeiter in der Finsinger Kläranlage angestellt wurde, merkte er bald, dass im gKU VEMO die Gelder der Gebührenzahler mit beiden Händen aus dem Fenster geworfen wurden und die Vetternwirtschaft grassierte. Anfang Juli 2014 versuchte er, den Verwaltungsratsvorsitzenden Piet Mayr und den Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß zum Einschreiten zu motivieren. Als er auf Desinteresse stieß, erstattete er bei der Staatsanwaltschaft München Strafanzeige gegen den Vorstand des gKU VEMO wegen des Verdachts der Untreue und wandte sich auch mit einer Petition an den Bayerischen Landtag.

Doch es kam anders, als Klaus S., der der "Politik" vertraute, dass es im Interesse der Allgemeinheit sei, Missstände in Unternehmen oder Behörden öffentlich zu machen, erwartet hatte. Denn schon wenige Tage später erhielt er ein Hausverbot für seinen Arbeitsplatz im Klärwerk und musste alle Schlüssel abgeben. Der Verwaltungsrat befasste sich zwar mit den Vorwürfen gegen den Vorstand Schmidt und beauftragte den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband (BKPV) mit einer Sonderprüfung. Er stellte sich aber nicht schützend vor Klaus S. und beließ den Vorstand in seinem Amt, so dass nun ein Mobbing gegen Klaus S. begann, das nach diversen Schikanen und willkürlichen Abmahnungen schließlich Ende September 2014 zu dessen Kündigung führte.

Es gibt im Landkreis wohl kaum einen Mandatsträger, an den sich daraufhin Klaus S. in seiner Not nicht gewandt hatte. Verwaltungsratschef Piet Mayr und andere Verwaltungsräte, Landrat Niedergesäß und die Bundestags- und Landtagsabgeordneten aus dem Landkreis hatten zwar viele schöne Worte für ihn – aber auf eine wirkliche Unterstützung wartete Klaus S. vergebens.

Die arbeitsrechtliche Anfechtung der Kündigung von Klaus S. blieb leider erfolglos wie die Petition an den Bayerischen Landtag ergebnislos. Klaus S. ist bis heute arbeitslos.

Um den (fehlenden) rechtlichen Schutz, den Klaus S. für den Dienst, den er der Allgemeinheit erwiesen hat, so dringend benötigt hätte, stritten sich vor kurzem die Länder-Justizminister auf ihrer Frühjahrskonferenz. Klaus S. hilft es nichts mehr, wenn die Länder-Justizminister nun laut einem Konferenzbeschluss zwar "der Auffassung [sind], dass die bestehenden Möglichkeiten zum Schutz von Hinweisgebern einer Überprüfung bedürfen", zumal sie nichts taten und tun, um diesen Schutz auch zu gewährleisten. So drohen "Whistleblowern" wie Klaus S. neben Mobbing weiterhin oft arbeits- und dienstrechtliche Folgen bis hin zur Kündigung oder womöglich gar strafrechtliche Konsequenzen, wenn sie betriebsinterne Details weitergeben - so wie aktuell Mitarbeiter von PWC von einem Luxemburger Gericht wegen Weitergabe von Betriebsgeheimnissen verurteilt wurden, obwohl sie damit den LuxLeaks-Skandal aufgedeckt haben. Die Mitarbeiter geraten so in einen Gewissenskonflikt: sollen sie über Missstände oder gar Straftaten von Betriebsangehörigen sprechen oder im Eigeninteresse lieber schweigen ?

Der BKPV bestätigte nach 7-monatiger Prüfung im Wesentlichen die gegen den Vorstand erhobenen Vorwürfe: unzulässige Dienstwagennutzung zu privaten Zwecken, kostenintensive Renovierung von Werksdienstwohnungen, die von Familienangehörigen bewohnt wurden, mehrtägige Dienstreisen auf Firmenkosten ohne dienstliche Veranlassung; dazu noch diverse Verstöße gegen das Vergaberecht. Der Verwaltungsrat kündigte daraufhin dem Vorstand Jens-Folkard Schmidt und seiner Frau im März 2015.

Dem neuen Vorstand Thilo Kopmann, der sein Amt im Herbst 2015 antrat, folgten weitere mehr oder weniger freiwillige personelle Änderungen im gKU VEMO. Dabei entbehrt es nicht der Ironie, dass ausgerechnet ein Mitarbeiter der Kommunalaufsicht im Landratsamt Ebersberg - jener Behörde, die das gKU VEMO kontrollieren sollte – dort eine Leitungsposition erhielt. Das Personal wechselte, aber das Klima, in dem die Poinger Sumpfblüten so prächtig gediehen, blieb das gleiche: die Bürgermeister im Verwaltungsrat um ihren Vorsitzenden Piet Mayr halten weiterhin nichts von Transparenz beim gKU VEMO. Die Bürger in den 13 Trägergemeinden sollen zahlen, aber nichts erfahren: eine Kontrolle durch die Öffentlichkeit ist unerwünscht.

Zweifel am Aufklärungswillen bestehen auch bei der Staatsanwaltschaft München. Trotz nunmehr fast 2jähriger Ermittlungen hüllt sie sich in Schweigen, was den misstrauischen Bürger argwöhnen lässt, dass abgewartet werden soll, bis Gras über die Sache gewachsen ist, um sie dann stillschweigend und ohne eine Aufarbeitung in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung zu "beerdigen". Dort könnte nämlich die unangenehme Frage nach der rechtlichen Mitverantwortung der 13 Bürgermeister im Verwaltungsrat aufgeworfen werden.


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