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Hans-Sponholz-Strasse, aufgenommen am 12. Oktober 2013
Straßenschild der Hans-Sponholz-Straße in Kirchseeon am 12. Oktober 2013

Fichtenweg, aufgenommen im Januar 2015
Straßenschild des Fichtenwegs im Januar 2015

Fichtenweg statt Hans-Sponholz-Strasse

Der Stadtrat von Ebersberg hat im November 2013 die Umbenennung der Straße "Hans-Sponholz-Anger" beschlossen:

Beschluss
Die Benennung einer Straße nach Hans Sponholz mit Stadtratsbeschluss vom 12.05.1992 wird zurückgenommen. Im Zusammenwirken mit den betroffenen Bewohnern wird ein neuer Straßenname gesucht, so dass die Straße zum 01.07.2014 umbenannt werden kann.

Begründung:
Am 12.05.1992 beschloss der Stadtrat auf Antrag des Bundes Naturschutz hin, eine Straße nach Hans Sponholz zu benennen. Damit sollten besonders seine „unschätzbaren und richtungsweisenden Initiativen zum Schutz des Ebersberger Forstes, die noch heute aktuell seien“ gewürdigt werden. Hans Sponholz hatte sich auch sonst um den Naturschutz und besonders um den Egglburger See große Verdienste erworben.
In den letzten Monaten wurden aber auch Tatsachen aus der Zeit des Dritten Reiches bekannt, die den Stadträten bei der Straßenbenennung 1992 nicht bekannt waren. Hans Sponholz war Obersturmbannführer bei der SA und hat nationalsozialistische Schriften verfasst. Von der Spruchkammer wurde er im Zuge der Entnazifizierung 1948 „in die Gruppe 3 der Minderbelasteten“ eingereiht.
Wären den Mitgliedern des Stadtrates 1992 diese Fakten bekannt gewesen, wäre es zu keiner entsprechenden Namensbenennung gekommen. Eine Rücknahme des damaligen Beschlusses ist deshalb die logische Konsequenz.


Hans Sponholz verfaßte u.a. Schriften wie
SA marschiert! oder: Horst Wessel. Ein ernstes Stück in 2 Aufzügen und einem Nachspiel. Mühlhausen 1932
Deutsches Denken. Beiträge für die weltanschauliche Erziehung. Berlin 1935.
Widukind erwache! Eine Erwachung. Berlin 1935.
Durchbruch zur Macht. Vom Kampf und Sieg einer Weltanschauung. Berlin 1936.
Deutsche Tat. Vier Jahre nationalsozialistischer Aufbauarbeit. Berlin 1937.
Revolution des Artglaubens. Berlin 1937.
Danzig, deine SA.! Einsatz und Bewährung im Polenfeldzug. München 1940.
und war Herausgeber von
Frontbriefe unbekannter SA.-Männer. Berlin 1940.


Der Marktgemeinderat Kirchseeon beschloß am 13.01.2014 in nicht-öffentlicher(!) Sitzung, die Hans-Sponholz-Straße in Kirchseeon umzubenennen. Die Verwaltung wurde beauftragt, die Anlieger anzuhören und bis Mitte 2014 einen neuen Straßennamen vorzuschlagen. Der Marktgemeinderat lehnte es jedoch in dieser Sitzung ab, sich mit Änderungen der Straßennamen Fritz-Litzlfelder-Straße, Dr.-Georg-Hacker-Straße und Fritz-Arnold-Straße zu befassen; erstere besteht seit den 1960er Jahren, die beiden anderen wurden in der Amtszeit von Bgm. Ockel so benannt.

Damit gibt es in Kirchseeon weiterhin eine Straße, die nach einem Ex-Bürgermeister und Profiteur der "Arisierung" der Firma eines jüdischen Münchner Unternehmers, der von den Nazis in die Emigration getrieben wurde, benannt ist; es gibt auch weiterhin eine Straße, die nach einem damaligen Mitglied der NSDAP, der DAF, des NS-Ärztebundes und San-Obersturmführer der SA benannt wurde und erst im Sommer 2013 hatte der Gemeinderat beschlossen, eine Straße in Eglharting nach einem Ex-Bürgermeister, der Mitglied der NSDAP, der SA und einer anderen Nazi-Organisation war, zu benennen.

In Kirchseeon, der langjährigen Wohnortgemeinde des Dr. Gregor Ebner, dem Mitbegründer des Lebensborn und Hausarztes von Himmler, erfolgte die "Resozialisierung" ehemaliger Nazis nach dem Zusammenbruch der NS-Gewaltherrschaft scheinbar unkompliziert und rasch. So wurde ein ehem. Mitglied der NSDAP, der SS und der Waffen-SS zum Bürgermeister gewählt und der ehemalige NSDAP-Kreisleiter und Leiter der NS-Wirtschaftsgruppe Privatversicherung, der für die NSDAP deutschlandweit die Gleichschaltung und Verstaatlichung der Privatversicherungen durchführen sollte, wurde ab 1966 für zwei Wahlperioden für die SPD in den Gemeinderat gewählt - zusammen mit seinem Schwiegersohn, dem Ex-Bürgermeister, der in 2013 vom Gemeinderat durch eine Straßenbenennung geehrt wurde.

Die vielen Opfer der NS-Gewaltherrschaft in Kirchseeon, die u.a. in "Schutzhaft" genommen oder wegen angeblich oder tatsächlich regimekritischer Äußerungen auf der Grundlage des Heimtückegesetzes vor einem Sondergericht angeklagt wurden, bleiben hingegen weitgehend unbekannt und ihrer wird nur anonym gedacht.

Eine systematische Erschließung der Ereignisse in Kirchseeon während der NS-Zeit fehlt bis heute.


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