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Ortsgeschichte - Historische Berichte über Kirchseeon und Umgebung
(Stand 21.12.2023)

1. Joseph von Hazzi: Statistische Aufschlüsse über das Herzogthum Baiern: aus ächten Quellen geschöpft; ein allgemeiner Beitrag zur Länder- u. Menschenkunde, 1801-1805
(Insgesamt 9 Bände, alle sind als Scans im Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek verfügbar)

In seinem mehrbändigen Werk schildert der Verwaltungsjurist Joseph von Hazzi (*12. Februar 1768 in Abensberg; +20. Mai 1845 auf Burg Elkofen, beerdigt auf dem Friedhof Oberelkofen), ein Verwaltungsjurist im Königreich Bayern, seine Beobachtungen, die er auf seinen Dienstreisen durch Bayern machte. Neben statistischen Daten zur Bevölkerung, zur Landwirtschaft, zu Gewerbe und zu den Finanzen beinhalten die Bände auch Beschreibungen von Land un Leuten, ihren Lebensbedingungen, ihren (Un)Sitten, Gebräuchen und Trachten, aber auch zur Ernährung und zum Schulwesen.

Im ersten und zweiten Teil des dritten Bandes befasst er sich mit dem Gebiet des Gerichts Schwaben (entspricht grob dem heutigen Landkreis Ebersberg) und dem Gericht Ebersberg (im wesentlichen das Gebiet des ehemaligen Klosters).

Damals hatte dieses Gebiet nur etwa 1/10 der heutigen Einwohnerzahl. Kirchseeon Dorf hatte nur 9 Häuser, Taglaching 16, Fürmosen 14, Buch 18, Eglharting 16, Ilching 5, Riedering 3, Osteseeon 3, Pötting 1, Neukirchen 3, Forstseeon 7. Die größeren Orte waren der Markt Grafing mit 82 Häusern, Öxing mit 42, Aßling 34, Anzing 57, Forstinning 50, Markt Schwaben 70, Finsing 74, Pöring 24, Glonn 43, Zorneding 63.

Von der Gegend, in der Hazzi 1827 das Schloß und Gut Elkofen erwerben und sich dort im Alter niederlassen sollte, hatte er bei seinen Reisen keinen guten Eindruck gewonnen, wie er im ersten Teil des 3. Bandes (S. 434-469) über das Land und die Menschen im Gericht Schwaben äußert:

"Das Gericht verschaft dem Reisenden einen düstern Anblik. Die vielen Schwarzwaldungen, Möser, öden Strecken, die kleinen hölzernen Häuser mit hölzernen Legschindeln oder bemießten Stroh bedeckt, und vor Holz und Dunghaufen unzugänglich, bilden im Ganzen eine traurige Landschaft, deren Bewohner mit der Natur harmoniren, klein unansehnlich, meistens braunhaarigt sind, sich äusserst roh und ungeschikt benehmen, gern trinken und spielen. Im Holzland, zu Aibling zu, hört man viel von Raufereien; so wie im ganzen Lande von Diebstählen und Räubereien. Uneheliche Kinder laufen in Menge umher, die Ehen aber, die mehr aus Gewohnheit, Herkommen und Geldsucht als aus Gefühl geschlossen werden, sind nur mit 2, 3, höchstens 4 Kindern gesegnet. Die Menschen werden nicht sehr alt, 60 Jahre ist ihr höchstes Lebensziel; die meisten sind krüppelhaft, haben Leibschäden und unter 10 Menschen findet man nicht 4 ganz gesunde. Ihre Kleidung ist wie die der Wolfertshauser; die Holzländer gleichen darin den Aiblingern. Mangel an Dienstbothen, Taglohn und Kost verhalten sich wie im Gericht Wolfertshausen....
....
Es bestehen in diesem Gerichte zwar 25 Schulen, aber keine einzige davon verdient Erwähnung ausser die zu Forstern . Die Pfarrer, die über sie wachsen sollten, bekümmern sich weder um Erziehung noch um fernere Geisteskultur, und sind zufrieden, daß das Walfahrten nach Dunterhausen, eine Menge Kreuzgänge, Feiertage, Brüderschaften (deren es neun giebt) und andere dergleichen geistliche Possen in voller Aufnahm sind. Eben so wenig trifft man hier eine Gesundheitsanstalt an. Ein paar medizinische Pfuscher, der Bauer Engl zu Garkofen, und der Schustermichel zu Klon [Glonn] quaksalbern ungescheut im Lande herum und sezen Gesundheit und Leben der armen Einwohner aufs Spiel, ohne daß ihnen ihr medizinisches Handwerk von der Polizei niedergelegt wird, weil selbst vornehme Herrn in München ihre Kuren denen der ordentlichen Aerzte vorziehen und sie deswegen kräftigst unterstützen...
"

Die Bewohner des Gerichts Ebersberg kommen im zweiten Teil des 3. Bandes (S. 471-478) noch schlechter weg:

"...der Karakter seiner Bewohner stimmen ganz mit den beschriebnen der Holzländer des Gerichts Schwaben überein; nur ist das Land noch weit roher und waldiger und die Bewohner bigotischer, abgestumpfter und ärmer....
...der kleine Markt [Ebersberg] ist meistens aus Holz erbaut und ernährt blos Taglöhner und arme Handwerker...
"

2. Joseph von Obernberg, Reisen durch das Königreich Baiern, 1815-1820
(Insgesamt 16 Bände, alle sind als Scans im Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek verfügbar)

Im Band Der Isarkreis; 2. Band, I. Heft: Reisen über Ebersberg, Wasserburg und Altenmarkt nach Stein, über Troßberg, Kraiburg und Ampfing nach Haag, München 1816 führt Joseph von Obernberg (*21. November 1761 in Amberg; +23. März 1845 in München) von West nach Ost durch den Landkreis Ebersberg. Auszüge der Schilderung der Reise über Keferloh, Zorneding, Eglharting, Kirchseeon, Ebersberg und Grafing:

"Straßenzüge:

I. Von München über Wasserburg nach Stein.
Zorneding       ............ 1 1/4 Post.
Steinhöring     ............ 1 1/4 Post.
Wasserburg     ............ 1 Post.
Frabertsheim   ............ 1 Post.
Stein              ............ 1 Post.
                                ----------
                                5 1/2 Posten
.....

Neun und zwanzigster Brief.

Reise nach Ebersberg. Keferlohe, ältester Viehemarkt in Baiern, Zorneding. Ein wackerer Ökonom daselbst. Bäring, Eintritt in den Egelhartinger Forst. Ebersberg. Ueberblick der Gegend. Geschichte der Grafschaft und Klosterstiftung. Schicksale des Ortes. Verschiedene divergirende Wege.

Nach Osten, mein Lieber ! ist unsere gegenwärtige Reise gerichtet, nachdem wir den Süden Baierns größtentheils durchwandet haben. Dahin werden wir uns bald noch einmal wenden, um die herrlichen Gebirge und Thäler des Salzachkreises zu beschauen, welche den rechten Flügel der baierischen Alpen bilden.

Die Poststraße, welche über Wasserburg nach Salzburg führt, wollen wir jetzt einschlagen, und vor der Hand bis Altenmarkt und Stein verfolgen. Die südlichen Theile der Landgerichte Ebersberg und Wasserburg, der nordöstliche vom Gerichtsbezirke Troßberg, ein Theil von Mühldorfs interessantem Gebiethe an den Ufern des Inns, stellen uns Gegenstände dar, anziehend genug, und wohl auch eine eigene Reise lohnend.

Eine große Ebene liegt vor uns, sobald das östliche Ufer dier Isar bey der Königsstadt überstiegen, und das volkreiche Haidhausen passirt ist. Die Thürme von Baumkirchen und Berg am Laim, - von Ramerstorf, und dem entfernteren Perlach reihen sich hin zur Rechten nach Süden im weiten Felde, auf sanften Erhöhungen fröhlich gelagert. Östlich liegen die Dörfer Kirch- und Straßtrudering vor uns, jenseits welcher, nach der zweyten Stunden-Säule, ein Nebenweg nach dem allbekannten Keferlohe führt. Diese kleine, von München auf drey Stunden entfernte, Dorfschaft von sechs Häusern mit einer Nebenkirche ist an sich unbedeutend. Mit ihrer Flur vom Walde ganz umschlossen, gewinnt sie auch in Hinsicht auf Situation und Prospekt andern einsiedlerischen Dörfern dieser Gegend nicht den geringsten Vorzug ab. Nur der erste September, nun der erste Montag im genannten Monath giebt dem Orte ein Leben und Celebrität, dessen viele Landstädte entbehren. Ein großer Viehmarkt, der älteste in Baiern, wird bey demselben gehalten. Pferde, über 2000, Hornvieh, zu vielen Hundert Stücken, Schafe und zahlreiche Schweineheerden, und auf der weiten Flur, schicklich abgesondert und in den Raum vertheilt, zum Handel aufgestellt. Käufer und Verkäufer, und Zuschauer versammeln sich in großer Menge, von jedem Stande und Geschlechte, und Kleinkrämer bedienen die Gäste im Freyen, und Wägen reihen sich zu Seite in nicht gemeiner Zahl; denn allenthalben, besonders von der Hauptstadt herab, sind Fremde herbeygeeilt in Menge, um das ländliche Fest zu sehen. Alte Bekanntschaften werden hier erneuert, neue angeknüpft, und traulich drücken sich Freunde, die Jahre lang getrennt waren, die Hände. Wenn dann, was schon geschah, das Landwirthschaftsfest des Isarkreises hier gefeyert wird: liefert dieser Markt durch das Zuströmen der Menschen aus der Nähe und Ferne ein Schauspiel, das Ihnen einen Vorbegriff von dem großen Zentrallandwirthschafts-Feste bey München giebt.

Denken Sie sich nun die reiche Einnahme, welche vormals das Kloster Schöftlarn an sogenannten Zollgefällen von dem Markte zu Keferlohe bezog. Ich habe Ihnen schon (Fußnote: Reisen, erstes Heft. S. 110) gesagt, daß der Kaiser Ludwig der Baier dem sogenannten Kloster jenen Zoll mittelst seines Freybriefes vom Jahre 1330 verliehen hat. Der Probst, Konrad Sachsenhauser, war des Monarchen beliebter und vertrauter Rath; daher dem Stifte jenes einträgliche Gefäll zugewandt ward, das nun seit dessen Heimfall an den Staat, nach einer allgemeinen Verordnung ganz erlassen ist.

Übrigens wäre es interessant, den Ursprung des Nahmens Keferlohe zu kennen; denn ein hohes Alter nimmt dieser Ort in Anspruch. Der große Viehmarkt würde sich hier in der Einöde nicht gelagert haben, wenn die nun umgebenden ansehnlichen Dorfschaften damals, wo er begann, schon gestanden hätten; wenigstens läßt sich keine Ursache der Auswahl dieses abgelegenen Platzes denken, wenn nicht sein früheres Daseyn entschieden hat. Sollte der Nahme Keferlohe aus der griechischen Sprache kommen, wie der Herr Verfasser der Urgeschichten von München, F. J. Lipowsky, (Fußnote: I. Heft, S. 36. Anmerkung I.) zwar nicht ganz behauptend, vermuthen läßt: so wäre es klar, daß der Ort Keferlohe, und sein Viehmarkt in die Urzeit unserer Landkultur aufsteige. Doch mehr von diesem Gegenstand in Hinsicht auf griechische Benennungen und auf die Verwandschaft der griechischen mit der deutschen Sprache zu sagen, ist hier der Ort nicht.

Im Pfarrdorfe Zorneding, oder Zornolding, das man jenseits einer anfänglich sehr ausgelichteten, dann aber besser bestellten und vertheilten Waldung nach der fünften Stundensäule erreicht, treffen Sie an dem Gastwirthe und Posthalter Grandauer einen wackern Mann. Durch verständigen und thäthigen Betrieb der Landwirthschaft, durch glückliche Versuche und Verbesserungen als einer der ersten Ökonomen bekannt, ist er, und sein zweckmäßig gewählter Büchervorrath eine Licht-Erscheinung in dem Dunkel, welches über dem Landvolke seiner Umgebung liegt, und vor ihm noch tiefe Finsterniß war. Wie schon früher (Fußnote: Statistische Aufschlüsse über das Herzogthum Baiern, von Joseph Hazzi etc. Dritten Bandes erste Abtheilung, S. 462) von ihm gerühmt worden, macht er zugleich den Klee-Samenhändler in der ganzen Gegend, und auch für das Ausland, baut das schönste Korn und Weitzen, wovon er vorzüglich gutes Brod erhält, und zeiget stets im Werke, was ein Mann für seine Umgebungen durch Beyspiel, Belehrung, und Zuspruch bewirken kann. Durch ihn vorzüglich fand der Bau in der Brache Eingang, welche doch zum dritten Theile für Klee, Kartoffeln etc. benützt wird, und auch die abgetheilten Gemeinheiten würden schon mehr kultiviert seyn, wenn nicht die kriegerische Zeit dem Ackerbaue so viele Menschenhände hinweggenommen hätte. Vergnügt werden Sie das wohlgebaute Gasthaus verlassen, welches Grandauer 1803 aus der Asche des vorigen schöner, und bequemer, als es jemals war, neu erhoben, und hierdurch seine glückliche Haltung im Verluste und Unglück beurkundet hat.

Wollen, und können Sie vor dem Eintritt in den Forst einen ermunternden Ausblick genießen: so schenken Sie dem nahen Orte Pöring (nördlich von Zorneding) Ihren Besuch. Der Edelsitz mit seinem Thurme ist zwar niedergelegt: gleichwohl sehen Sie in westlicher Ferne München, Freysing und Dachau. Das im vormaligen Schloße aufbewahrte Bild einer weissen Bärinn, welche in der Nähe erlegt worden, und der Wappenschild des Guts, der eben dieses Thier enthält, machen die Sage, daß die Benennung Pöring (Bäring) hievon entlehnt worden, nicht unwahrscheinlich und charakterisiren die Vorzeit der Gegend. Übrigens beweiset der Ort, daß die Schweden auch diese Gegend übel mitgenommen haben; denn eines der vormalig beyden Schlösser ward von ihnen abgebrannt.

Folgen Sie mir jetzt durch das Dorf Eglhärting, dem Sitze des königl. Forstamtes, und einer Salzfaktorie nach Ebersberg. Der Forst, welcher von jedem Dorfe seinen Nahmen entlehnt, begleitet eine Strecke weit die Hochstraße, deren nördliches Ufer eine kleine Ansiedlung von etlichen Häusern mit ihren Fluren berührt. Bald entfernet sich der Forst, um einigen Dörfern Raum zu geben, und sich dem großen Ebersberger Forste anzuschließen.

Sanft erhöhet sich der Boden zum Hügelland, auf welchem der Ort Ebersberg gelagert ist, dessen Ostseite kühn abstürzet, und eine herrliche Terrasse bildet. Sie theilet sich in zwey Hügel, deren einer das vormalige Kloster, ein Schloß mit der Kirche trägt; - den anderen südlichen krönte wahrscheinlich die alte Burg der Grafen von Ebersberg, indem ihn die Kunst zum Grunde der Fest geformt zu haben scheint, und Reste von Grundmauern in seinem Schooße aufgefunden werden. Das vorliegende wiesenreiche Thal zieht der Länge nach hinab in östlicher Richtung, von der Ebrach bewässert, einem Flüßchen, welches im Westen von Ebersberg seine Wiege, einen Teich verläßt, und mit der Ättl vom Innstrome verschlungen wird. Anmuthig erscheinet dieses Thal, man mag es von jener Terrasse überschauen, oder vom Osten herauf durchwanden, wo das erhaben gelagerte Schloß Ebersberg mit seinem Kirchthurme einen prächtigen Hintergrund gestaltet, der weit in die Ferne imponirend sich präsentirt. Wollen Sie nach diesem reitzenden Ausblicke das contrastirende Bild einer alt germanischen Wildniß in der Nähe schauen: Sie finden es auf Ebersbergs nördlicher Seite. An diese drücket der große Forst, welcher sich über zwey Stunden nördlich ausbreitet, und mit jenem von Anzing beynahe vier Stunden in der Länge hält. An diesem Punkte versinnlicht sich die Vorzeit der Gegend so lebhaft, daß man die Begebenheit, welche Ebersbergs Erbauung veranlaßte, wie unter seinen Augen vorgehen sieht.
"

......

Es folgen noch Ausführungen zur Geschichte von Ebersberg sowie eine Beschreibung von Grafing und dessen umliegende Schlösser.


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