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Historische Berichte über Kirchseeon und Umgebung
Joseph von Obernberg, Reisen durch das Königreich Baiern, I. Teil
Der Isarkreis; 2. Band, I. Heft: Reisen über Ebersberg, Wasserburg und Altenmarkt nach Stein, über Troßberg, Kraiburg und Ampfing nach Haag. München 1816
Original in der Bayerischen Staatsbibliothek, Signatur: Bavar. 1981-2,1/3
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Auszug aus dem Reisebericht:
Straßenzüge:
I. Von München über Wasserburg nach Stein.
Zorneding ............ 1 1/4 Post.
Steinhöring ............ 1 1/4 Post.
Wasserburg ............ 1 Post.
Frabertsheim ............ 1 Post.
Stein ............ 1 Post.
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5 1/2 Posten
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Neun und zwanzigster Brief.
Reise nach Ebersberg. Keferlohe, ältester Viehemarkt in Baiern, Zorneding.
Ein wackerer Ökonom daselbst. Bäring, Eintritt in den Egelhartinger Forst. Ebersberg. Ueberblick der Gegend.
Geschichte der Grafschaft und Klosterstiftung. Schicksale des Ortes. Verschiedene divergirende Wege.
Nach Osten, mein Lieber ! ist unsere gegenwärtige Reise gerichtet, nachdem wir den Süden Baierns größtentheils durchwandet haben.
Dahin werden wir uns bald noch einmal wenden, um die herrlichen Gebirge und Thäler des Salzachkreises zu beschauen, welche
den rechten Flügel der baierischen Alpen bilden.
Die Poststraße, welche über Wasserburg nach Salzburg führt, wollen wir jetzt einschlagen, und vor der Hand bis
Altenmarkt und Stein verfolgen. Die südlichen Theile der Landgerichte Ebersberg und Wasserburg, der nordöstliche vom Gerichtsbezirke
Troßberg, ein Theil von Mühldorfs interessantem Gebiethe an den Ufern des Inns, stellen uns Gegenstände dar, anziehend genug,
und wohl auch eine eigene Reise lohnend.
Eine große Ebene liegt vor uns, sobald das östliche Ufer dier Isar bey der Königsstadt überstiegen, und das volkreiche Haidhausen
passirt ist. Die Thürme von Baumkirchen und Berg am Laim, - von Ramerstorf, und dem entfernteren Perlach reihen sich hin zur Rechten nach Süden im weiten
Felde, auf sanften Erhöhungen fröhlich gelagert. Östlich liegen die Dörfer Kirch- und Straßtrudering vor uns, jenseits welcher,
nach der zweyten Stunden-Säule, ein
Nebenweg nach dem allbekannten Keferlohe führt. Diese kleine, von München auf drey Stunden entfernte, Dorfschaft von sechs
Häusern mit
einer Nebenkirche ist an sich unbedeutend. Mit ihrer Flur vom Walde ganz umschlossen, gewinnt sie auch in Hinsicht auf Situation und
Prospekt andern
einsiedlerischen Dörfern dieser Gegend nicht den geringsten Vorzug ab. Nur der erste September, nun der erste Montag im
genannten Monath giebt dem Orte ein Leben und
Celebrität, dessen viele Landstädte entbehren. Ein großer Viehmarkt, der älteste in Baiern, wird bey demselben gehalten. Pferde,
über 2000, Hornvieh,
zu vielen Hundert Stücken, Schafe und zahlreiche Schweineheerden, und auf der weiten Flur, schicklich abgesondert und in den Raum
vertheilt, zum Handel aufgestellt.
Käufer und Verkäufer, und Zuschauer versammeln sich in großer Menge, von jedem Stande und Geschlechte, und Kleinkrämer bedienen die
Gäste im Freyen, und Wägen reihen sich zu Seite in nicht gemeiner Zahl; denn allenthalben, besonders von der Hauptstadt herab,
sind Fremde herbeygeeilt
in Menge, um das ländliche Fest zu sehen. Alte Bekanntschaften werden hier erneuert, neue angeknüpft, und traulich drücken sich
Freunde, die Jahre lang
getrennt waren, die Hände. Wenn dann, was schon geschah, das Landwirthschaftsfest des Isarkreises hier gefeyert wird: liefert dieser
Markt durch das Zuströmen der Menschen aus der Nähe und Ferne ein Schauspiel, das Ihnen einen Vorbegriff von dem großen
Zentrallandwirthschafts-Feste bey München giebt.
Denken Sie sich nun die reiche Einnahme, welche vormals das Kloster Schöftlarn an sogenannten Zollgefällen von dem Markte zu
Keferlohe bezog. Ich habe Ihnen
schon (Fußnote: Reisen, erstes Heft. S. 110) gesagt, daß der Kaiser Ludwig der Baier dem sogenannten Kloster jenen Zoll mittelst
seines
Freybriefes vom Jahre 1330 verliehen hat. Der Probst, Konrad Sachsenhauser, war des Monarchen beliebter und vertrauter Rath;
daher dem Stifte jenes
einträgliche Gefäll zugewandt ward, das nun seit dessen Heimfall an den Staat, nach einer allgemeinen Verordnung ganz erlassen ist.
Übrigens wäre es interessant, den Ursprung des Nahmens Keferlohe zu kennen; denn ein hohes Alter nimmt dieser Ort in Anspruch.
Der große
Viehmarkt würde sich hier in der Einöde nicht gelagert haben, wenn die nun umgebenden ansehnlichen Dorfschaften damals, wo er
begann, schon gestanden
hätten; wenigstens läßt sich keine Ursache der Auswahl dieses abgelegenen Platzes denken, wenn nicht sein früheres Daseyn
entschieden hat.
Sollte der Nahme Keferlohe aus der griechischen Sprache kommen, wie der Herr Verfasser der Urgeschichten von
München, F. J. Lipowsky, (Fußnote: I. Heft, S. 36. Anmerkung I.) zwar nicht ganz behauptend, vermuthen läßt: so wäre es klar, daß
der Ort Keferlohe, und sein Viehmarkt in die Urzeit unserer Landkultur aufsteige. Doch mehr von diesem Gegenstand in Hinsicht auf
griechische Benennungen und auf die Verwandschaft der griechischen mit der deutschen Sprache zu sagen, ist hier der Ort nicht.
Im Pfarrdorfe Zorneding, oder Zornolding, das man jenseits einer anfänglich sehr ausgelichteten, dann aber besser bestellten
und
vertheilten Waldung nach der fünften Stundensäule erreicht, treffen Sie an dem Gastwirthe und Posthalter Grandauer einen
wackern Mann. Durch verständigen und thäthigen Betrieb der Landwirthschaft, durch glückliche Versuche und Verbesserungen als einer
der ersten Ökonomen bekannt, ist er, und sein zweckmäßig gewählter Büchervorrath eine Licht-Erscheinung in dem Dunkel, welches über
dem Landvolke seiner Umgebung liegt, und vor ihm noch tiefe Finsterniß war. Wie schon früher (Fußnote: Statistische Aufschlüsse
über das Herzogthum Baiern, von Joseph Hazzi etc. Dritten Bandes erste Abtheilung, S. 462) von ihm gerühmt worden, macht er zugleich
den
Klee-Samenhändler in der ganzen Gegend, und auch für das Ausland, baut das schönste Korn und Weitzen, wovon er vorzüglich
gutes Brod erhält, und zeiget stets im Werke, was ein Mann für seine Umgebungen durch Beyspiel, Belehrung, und Zuspruch bewirken kann.
Durch ihn vorzüglich fand der Bau in der Brache Eingang, welche doch zum dritten Theile für Klee, Kartoffeln etc. benützt wird, und
auch die abgetheilten Gemeinheiten würden schon mehr kultiviert seyn, wenn nicht die kriegerische Zeit dem Ackerbaue so viele
Menschenhände hinweggenommen hätte. Vergnügt werden Sie das wohlgebaute Gasthaus verlassen, welches Grandauer 1803 aus der
Asche des vorigen
schöner, und bequemer, als es jemals war, neu erhoben, und hierdurch seine glückliche Haltung im Verluste und Unglück
beurkundet hat.
Wollen, und können Sie vor dem Eintritt in den Forst einen ermunternden Ausblick genießen: so schenken Sie dem nahen Orte
Pöring (nördlich
von Zorneding) Ihren Besuch. Der Edelsitz mit seinem Thurme ist zwar niedergelegt: gleichwohl sehen Sie in westlicher
Ferne München, Freysing und Dachau. Das
im vormaligen Schloße aufbewahrte Bild einer weissen Bärinn, welche in der Nähe erlegt worden, und der Wappenschild des Guts,
der eben dieses Thier enthält, machen die Sage, daß die Benennung Pöring (Bäring) hievon entlehnt worden, nicht unwahrscheinlich
und charakterisiren die Vorzeit der Gegend. Übrigens beweiset der Ort, daß die Schweden auch diese Gegend übel mitgenommen haben;
denn eines
der vormalig beyden Schlösser ward von ihnen abgebrannt.
Folgen Sie mir jetzt durch das Dorf Eglhärting, dem Sitze des königl. Forstamtes, und einer Salzfaktorie nach Ebersberg.
Der Forst,
welcher von jedem Dorfe seinen Nahmen entlehnt, begleitet eine Strecke weit die Hochstraße, deren nördliches Ufer eine kleine
Ansiedlung
von etlichen Häusern mit ihren Fluren berührt. Bald entfernet sich der Forst, um einigen Dörfern Raum zu geben, und sich dem
großen Ebersberger
Forste anzuschließen.
Sanft erhöhet sich der Boden zum Hügelland, auf welchem der Ort Ebersberg gelagert ist, dessen Ostseite kühn abstürzet,
und eine herrliche
Terrasse bildet. Sie theilet sich in zwey Hügel, deren einer das vormalige Kloster, ein Schloß mit der Kirche trägt; - den
anderen südlichen krönte wahrscheinlich die alte Burg der Grafen von Ebersberg, indem ihn die Kunst zum Grunde der Fest
geformt zu haben scheint, und Reste von
Grundmauern in seinem Schooße aufgefunden werden. Das vorliegende wiesenreiche Thal zieht der Länge nach hinab in östlicher
Richtung, von der Ebrach bewässert, einem
Flüßchen, welches im Westen von Ebersberg seine Wiege, einen Teich verläßt, und mit der Ättl vom Innstrome verschlungen wird.
Anmuthig erscheinet dieses Thal, man mag es von jener Terrasse überschauen, oder vom Osten herauf durchwanden, wo das erhaben
gelagerte Schloß Ebersberg mit seinem Kirchthurme
einen prächtigen Hintergrund gestaltet, der weit in die Ferne imponirend sich präsentirt. Wollen Sie nach diesem reitzenden
Ausblicke das
contrastirende Bild einer alt germanischen Wildniß in der Nähe schauen: Sie finden es auf Ebersbergs nördlicher Seite.
An diese
drücket der große Forst, welcher sich über zwey Stunden nördlich ausbreitet, und mit jenem von Anzing beynahe vier Stunden in
der Länge hält.
An diesem Punkte versinnlicht sich die Vorzeit der Gegend so lebhaft, daß man die Begebenheit, welche Ebersbergs
Erbauung veranlaßte, wie
unter seinen Augen vorgehen sieht.
......
Es folgen noch Ausführungen zur Geschichte von Ebersberg sowie eine Beschreibung von Grafing und dessen umliegende Schlösser.
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